[Weitere Gesellschaftsspiele]
Die Jury "Spiel des Jahres" hat im aktuellen Jahrgang zwölf Titel in ihre Auswahlliste aufgenommen und aus diesem Kreise Anfang Juni drei Spiele zum diesjährigen Hauptpreis nominiert. Anfang Juli fiel dann die Entscheidung: Torres ist Spiel des Jahres. Wir stellen alle Spiele vor, wobei wir die Spielebesprechungen von Peter Neugebauer mit freundlicher Genehmigung des Fachmagazins "das spielzeug" übernommen haben (Ausgabe 7/2000). |
Das Spiel des Jahres 2000 |
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Torres von Wolfgang Kramer & Michael
Kiesling |
"Torres" von FX ist ein historisches Szenario. Es geht um Turmbau im mittelalterlichen Spanien. Fast ganz ohne Zufallselemente bauen die Spieler gemeinsam an stattlichen Burghöfen mit unterschiedlich hohen Turmzinnen. Diese müssen dann noch mit den eigenen Figuren besetzt werden und zwar möglichst auf der höchsten Plattform, denn die zählt schließlich mehr als alle anderen Ebenen. Rafinesse kommt durch Aktionskarten ins Spiel, die für teure Bau- bzw. Bewegungspunkte erworben werden können, dann aber, geschickt eingesetzt, für manchen überraschenden Spielzug sorgen. Schließlich ist noch eine einfache, aber durchaus vielschichtige Punktabrechnung zu beachten, die einer sogenannten Königsburg besondere Funktion zuschreibt. Es gibt bei jedem Zug viel zu planen und genügend Gelegenheit Fehlentscheidungen zu treffen, so dass letztendlich doch der beste Stratege gewinnt.
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Die Nominierten |
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Carolus Magnus von Leo Colovini
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"Carolus Magnus" von Winning Moves hat etwas Wind in die Phalanx der Familienspiele gebracht, denn es ist nicht ohne Anspruch. Der Kaiser, Karl der Große, ist unterwegs. Er bereist seine Pfalzen und erlaubt es dort seinen Fürstenhäusern, wehrhafte Türme zu errichten. Die Spieler versuchen Einfluss auf die Fürstentümer zu gewinnen. Würfel bestimmen eine Anzahl von Fürstenfigürchen, die man entweder an den eigenen Hof bringt, um Mehrheiten zu erzielen oder sie in die Provinzen setzt, um dort Macht zu vergrößern. Da, wo der Kaiser auftaucht, darf der Spieler mit dem größten Einfluss eine Burg errichten. Hat man in der Nachbarprovinz auch schon einen Turm gebaut, wachsen diese Provinzen zu größeren und mächtigeren Bünden zusammen. Durch geschickte Eingriffe kann man diesen Prozess im eigenen Sinne lenken. Aber durch das Erwürfeln der Fürstenfiguren ist immer auch eine Portion Zufall im Geschehen, so dass das Spiel wirklich für die ganze Familie geeignet ist. Dafür spricht auch eine überschaubare Spieldauer von etwa einer Stunde. |
Ohne Furcht und Adel von Bruno Faidutti |
"Ohne Furcht und Adel" vom Hans im Glück Verlag ist das Kartenspiel in der nominierten Troika. Es wäre das erste Mal in der 20-jährigen Geschichte, dass ein Kartenspiel mit dem Hauptpreis gekürt wird. Warum eigentlich nicht, denn dieses Spiel hat, zumindest in großer Runde ab vier oder fünf Spielern das Potenzial dafür. Es gilt durch das Auslegen von Gebäudekarten, eine Stadt zu errichten. Der Spielrhytmus ist zunächst so einfach wie nur irgendwie denkbar. Entweder nimmt man zwei Goldmünzen (die man für den späteren Städtebau benötigt) oder wählt eine von zwei Gebäudekarten. Danach darf noch eine Gebäudekarte ausgelegt, will heißen gebaut werden. Der Bau kostet aber je nach Güte eine erkleckliche Summe Gold. Gerangel kommt durch die Charakterkarten ins Spiel. Pro Runde schlüpft jeder in eine bestimmte Rolle, die das Geschehen fleißig aufmischt. So kann man beispielsweise mit dem Söldner das Bauwerk eines Mitspielers einreißen. Je häufiger man das Spiel spielt, um so interessanter ist das Ausloten und Kennenlernen dieser Charakterkarten. Jede hat da ihre Stärken. Wer diese optimal für sich nutzt, wird gewinnen.
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Die Spiele der Auswahlliste |
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Tadsch Mahal von Reiner Knizia |
"Tadsch Mahal" von Alea führt die Spieler auf den indischen Subkontinent. In insgesamt zwölf Provinzen gibt es unterschiedliche Macht- und Einflussmöglichkeiten zu gewinnen, die in Siegpunkte umgemünzt werden können. Dabei gilt es vor allem zu erkennen, welche Punktergebnisse sich potenzieren lassen. Dazu bitet das Spiel reichlich Gelegenheit. Vor allem aber ist es ein gemeiner Karten-Biet-Mechanismus, der die Spielspannung erzeugt. Manchmal lässt sich Einfluss ganz billig erzielen, manchmal muss man richtig Bluten und geht bei einem Machtgerangel doch leer aus. Wer gewinnen möchte, dem sollten solche Niederlagen möglichst nicht häufig passieren. |
La Città von Gerd Fenchel |
"La Città" von Kosmos spielt Städtebau im Italien der Renaissance. Die Spielidee ist aber ein Wolf im Schafspelz. Jeder optimiert seine Stadtausbauten, vor allem was Einrichtungen auf dem Gebieten der Religion, Wissenschaft und Gesundheit anbelangt. Wenn man nämlich auf einem bestimmten Gebiet (modern würde das heißen, was dem Zeitgeist entspricht) besser als die Nachbarstädte ausgebaut hat, dann wandert die Bevölkerung in die Stadt mit dem lukrativeren Angebot. Das friedliche Tempelbauen entpuppt sich also schnell als brutaler Stimmenfang, denn eine übergelaufene Bevölkerung ist "Stimmvieh" für die Endabrechnung. Viel planerisches Geschick gehört zu den Stadtmanagern, die auch schon mal gut undgerne drei Stunden am Tisch sitzen (müssen). |
Vinci von Philipe Kayaerts |
"Vinci" von Descartes spiegelt spielerisch Aufstieg und Fall verschiedener Kulturen von der Frühzeit bis zur Renaissance. Spielidee ist es nun, dass man sich an die Spitze eines Stammes setzt und mit diesem versucht, mäglichst große Teile Europas zu besetzen. Sonderfähigkeiten wie Diplomatie oder auch Astronomie helfen beim Erfolg. Dieser wird aber niemals so gross werden, dass man ganz Europa beherrscht. So sollte jeder den Zeitpunkt erspüren, wenn seine Zivilisation den Zenit seiner eigenen Blüte überschritten hat. Es macht dann Sinn, sich von ihr zu trennen und den Niedergang dieses Reiches einzuläuten. Zwar gibt es immer noch Siegpunkte für zivilisatorische Errungenschaften dieses Volkes, aber durch die Wahl eines neuen Stammes kann man gleichzeitig wieder frisch ans Werk gehen, um weitere, andere Gebiete Europas in Anspruch zu nehmen. Das Spiel kommt ganz ohne Glücksmomente aus und lebt von der planerischen Weitsicht wie von dem Gefühl für den rechten Augenblick, erfolgreiche Stämme abzustoßen. Wer kann so etwas schon, sich auf dem Höhepunkt des Triumphes verabschieden? |
Metro von Dirk Henn |
"Metro" von Queen Games ist das Legespiel beim diesjährigen Nominierungsreigen. U-Bahn-Bau im Paris der (vorletzten!) Jahrhundertwende ist angesagt. Jeder hat eigene Zielbahnhöfe zugelost bekommen. Von hier arrangiert man dann eine Streckenführung, die an möglichst weit entfernten Zielbahnhöfen endet, denn das bringt lukrative Gewinnpunkte. Da aber jeder überall anlegen darf, wird so manche feine Planung durch das Auslegen von Kärtchen der Konkurrenten frühzeitig im Keim erstickt. Alles funktioniert aber nur mit dem richtigen Handkärtchen. Trotz einfachster Regel ein hoher Spielgenuss. |
Kardinal und König von Michael Schacht |
"Kardinal und König" von Goldsieber ist ebenfalls ein Ausbreitungsspiel mit eher einfachen Regeln. Man spielt pro Zug bis zu drei Spielkarten aus, um bis zu zwei Figuren auf dem Plan zusetzen, was aber nur in einer Provinz erlaubt ist. Diese 3-2-1-Regel ist schon der halbe Kenntnisstand des Regelwerkes. Vor allem werden Klöster in die Regionen gebracht, aber auch der König schickt Stadträte in die Provinz-Hauptstaädte. Beides muss klug arrangiert werden, denn eine ausgefeilte Punktberechnung verlangt den Einsatz beider Figurentypen. Gerade durch diesen Abrechnungsmechanismus bekommt das Spiel aber Tiefe. |
Zoff im Zoo von Doris Matthäus & Frank
Nestel |
"Zoff im Zoo", ein Spiel von Doris und Frank, ist ein weiteres Kartenspiel. Ziel ist es, seine Kartenhand komplett loszuschlagen, um als erster auszuscheiden und so die meisten Punkte zu ergattern. Der Legerhythmus verlangt, dass immer bessere Karten, das heißt stärkere Tiere die zuletzt gelegte Karte übertrumpfen können. Dieser nicht allzu originäre Rhythmus wird durch Sonderfunktionen (aus einer Mücke kann man einen Elefanten machen) oder Extrapunkte (Igel zählen!) bzw. eine Partnervariante aufgewertet. Unausgesprochene Absprachen werden plötzlich zum A und O. |
Zertz von Kris Burm |
"Zertz" von Schmidt Spiele ist so ein abstrakter Wettstreit für zwei, der die Hirne rauchen lässt, ohne dass langatmige Regeln gelernt werden müssen. Auf eine Wabenauslage werden abwechselnd Kugeln in drei Farben gesetzt. Diese müssen in bestimmter Stückelung gewonnen werden. Beim Einsatz einer Kugel wird die Spielfläche sukzessive verkleinert. Beim Ziehen von Kugeln muss geschlagen werden. Wer raffiniert spielt, bringt den Gegner in Zugzwang, so dass Vorlagen für das eigene Vorgehen entstehen. Genau darin liegt der Witz des Spiels. |
Port Royal von Wolfgang Panning |
"Port Royal" von Queen Games ist ein Gerangel um den Piratenschatz, das mit einem Stichspiel ausgetragen wird. Jeder eroberte Stich zählt als Beute und muss ins eigene Schiff gelegt werden. Die Schiffe füllen sich sukzessive. Dabei kann auch schon mal unerwünschter Tand erobert werden. Bedenklich wird der Beutezug, wenn das Schiff übervoll ist und untergeht. So kann ganz zum Schluss alle Eroberung den Bach im wahrsten Sinne des Wortes runtergehen. |
Kardinal von Wolfgang Panning |
"Kardinal" von Holzinsel ist ein taktisches Bauspiel, bei dem man auf vielfältige Weise Punktesteine erobern kann. Zunächst gilt es aber, seine Bauelemente an den in der Tischmitte stehenen Dom anzulegen. Dabei müssen allerdings etliche ausschließende Bauregeln beachtet werden. Würze bringt der Kardinal ins Geschehen, der zusätzlich ge- bzw. versetzt werden darf und für den nachfolgenden Spieler lukrativen Baugrund blockiert. So entsteht während des Spiels eine auch optisch schöne, ganz in Holz gehaltene Stadtszenerie. |
Spielebesprechungen von Peter Neugebauer, mit freundlicher Genehmigung von "das spielzeug, das internationale Fachmagazin der Spielwarenbranche"
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