von Arthur Kopf
Die Uhr soll
Stunden und Minuten unserer Zeit messen und bestimmen. Die
Geschichte ist zu Ende, wenn die Uhr abgelaufen ist. Dem
Glücklichen, so wird gesagt, schlägt keine Stunde.
Seine Stunde aber ist gekommen, wenn eine Uhr die rechte Zeit zum
Handeln angibt. Von einer Uhr lernt jedes Kind zuerst die
Zahlenfolge, Ziffernblatt und Zeiger. Uhren faszinieren. Sie sind
kleine, mit hoher Genauigkeit laufende Maschinen. Die große
Erfindung für die Zeitmessung war die erste Konstruktion
einer Räderuhr. Wer dieses erste mechanische Uhrwerk am
Anfang des 14. Jahrhunderts gebaut hat, ist nicht
überliefert. Vor dieser Zeit kannten die Menschen Sanduhren,
Wasser-, Kerzen- und Öllampenuhren. Zum ältesten
Versuch, Zeitdauer und Zeitpunkte zu bestimmen, gehört die
Sonnenuhr. Die alten Chinesen waren vor 3500 Jahren die ersten,
die bei Sonnenschein mit Hilfe eines senkrecht stehenden Stabes
aus der Länge und Richtung des Schattens die Stunde eines
Tages zu bestimmen wußten.
Geschichte und
Erfindungen zur Zeitmessung haben eine lange Tradition. Das
berühmte Ticktack" einer Uhr entstand erst im 17.
Jahrhundert, als Galileo Galilei in Italien und Christiaan
Huygens in den Niederlanden die Räderuhr zur Steuerung mit
den Schwingungen eines Pendels kombinierten. Der Rhythmus des in
kleinen und gleichmäßigen Zeitabschnitten schwingenden
Pendels wurde dazu auf eine Stange mit zwei Klauen
übertragen. Diese Klauen blockierten das Räderwerk und
gaben nur abwechselnd in Sekundenfolgen den Lauf des
Räderwerkes bis zum Stundenzeiger frei.
Heute werden in der ganzen Welt in jedem
Jahr mehr als 1 Milliarde Uhren gebaut, die nach sehr
verschiedenen Verfahren funktionieren. Gemeinsam ist fast allen
Uhren, daß sie eine Antriebsquelle (Feder, Elektromotor,
Batterie als Stromquelle), ein Übertragungssystem mit
kleinem Rädergetriebe und Zeigern oder mit elektronischen
Bauteilen und digitalen Zahlenfeldern sowie als Herzstück
ein Steuerungselement (Unruhsystem mit Hemmung, Schwingquarz)
besitzen. Das Steurungssystem reguliert den Gang einer Uhr. Seine
Schwingungen müssen durch eine Energiequelle erzeugt und in
festgelegte Zeitbruchteile (Sekunden, Minuten, Stunden, Tage)
umgesetzt werden können. Dieser Mechanismus erfordert sehr
präzise Ausführungen. Komplizierte mechanische Uhren
haben heute zusätzlich einen automatischen Aufzug, eine
ewige Kalenderanzeige, die Funktion einer Stoppuhr (Chronograph)
und läuten zur festgelegten Zeit (Repetieruhr). Quarzuhren
erfüllen noch mehr Wünsche. Uhren überall.
Armbanduhren, Taschenuhren, Wecker, Küchenuhr, Schuluhr,
Bahnhofsuhr, die Uhr am Kirchturm, die Uhr im Auto, im Radio und
Fernseher.
Großvater, warum macht Deine Uhr Ticktack"?
Meine Uhr hat ein mechanisches Uhrwerk mit einer Schweizer
Ankerhemmung. Es ist schwierig, den Mechanismus eines
mechanischen Uhrwerkes für eine Armbanduhr verständlich
zu erklären. Mein Uhrwerk besteht aus 316 Einzelteilen, die
in das Uhrengehäuse eingebaut sind und die man leider nicht
sehen kann. Das sind die Bodenplatte und dekorierte Brücken,
48 Räder und 60 kleinste Schrauben, Edelsteine als Lager,
Wellen, Stifte, Formteile, Federn und ein ganz kleiner Anker. Das
Uhrwerk funktioniert nach dem gleichen Prinzip wie die alte
Räderuhr mit Pendel. Natürlich sind die Bauteile alle
sehr viel kleiner. Antrieb und Räderlaufwerk mit seinen
Ritzeln und Übersetzungsfunktionen sowie das Hemmungssystem
als Steuerelement für den Gang der Uhr sind geniale, neue
Konstruktionen. Nur das Prinzip ist vergleichbar.
Großvater, das verstehe ich nicht.
Diese Zeichnung hier zeigt
ein mechanisches Uhrwerk und sein Innenleben. Aus den vielen
zusammengeschraubten Teilen kann niemand erkennen, wie der
Mechanismus eigentlich funktioniert, um aus der Kraftreserve der
Aufzugsfeder schließlich eine gleichmäßige
Drehbewegung des Stunden- und Minutenrades auszuführen, mit
der die Zeiger angetrieben werden. Das Ticktack"
meiner Uhr entsteht durch das Hemmungssystem mit dem winzigen
Ankerlaufrad und seinen langen, krummen Zähnen, durch den
kleinen Anker mit zwei eingesetzten Rubinstiften, durch das hin
und her schwindende Unruhrad mit seiner eingebauten Spiralfeder.
Das alles gehört zum schwierigsten Kapitel der mechanischen
Uhr. Die Rubinstifte des Ankers blockieren in Ruhestellung das
Ankerlaufrad, das über Ritzel, Zahnräder und Wellen mit
dem Federhaus als Energiequelle verbunden ist. Ohne diese
Blockierung würde das Räderwerk sich so lange schnell
drehen, bis die Kraft der Aufzugsfeder verbraucht ist. Der
geniale Trick ist nun, daß die Unruhe mit ihrer
Federspirale hin und her schwingt und den mit ihr verbundenen
Anker in eine genau berechnete Pendelbewegung zwingt. In der
Mittellage lassen die Ankerstifte gerade eine Zahnlänge des
unter Druck stehenden Ankerlaufrades in seiner Bewegungsrichtung
passieren, dann blockiert je nach Schwingungsrichtung jeweils
einer der beiden Ankerstifte wieder den Ablauf. Das Ankerrad wird
in ständigem Wechsel angehalten und freigegeben, so wie die
schwingende Federspirale der pendelnden Unruhe den Takt vorgibt.
Dieses Hin und Her der Ankerstifte, die auf die Zähne des
Ankerrades treffen, hören wir als Ticktacksignal. Meine Uhr
läuft mit 5 Zahndurchgängen in der Sekunde oder 18000
Ticktacks in der Stunde. So funktioniert das. Ganz schön
kompliziert. Großvater, beim nächsten Mal mußt
Du mir das noch einmal erklären. Am besten wir schrauben
dann eine Uhr auf und beobachten die Geschichte, die Du
erzählt hast.
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